Shelburne

Nova Scotia

Manchmal komme ich mir in NS vor wie in einem übergrossen Freilichtmuseum. In Städtchen wie Annapolis Royal oder Shelburne, aber auch Digby habe ich oft das Gefühl, gleich besteigt Captain Ahab seinen Walfänger und jagt Moby Dick. Auch eine Geschichte aus Jugendzeiten, die meine Reiselust genährt hat. Ich weiss, Heimathafen der Walfänger war das Neuengland Städtchen Nantucket. Aber das ist nicht weit weg von hier, praktisch genau auf der anderen Seite der Bucht.

Dafür haben die beiden Städte ihre eigene Geschichte.

Shelburne ist heute noch stolz Loyalist zu sein, so behauptet es wenigstens eine riesen Steele auf dem Platz vor dem Heimwerkermarkt. Hier sammelten sich nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg die Truppen, die loyal zum Königreich standen. Unter ihnen war auch eine Gruppe Schwarzer (Afroamerikaner). Aus Dank für die Unterstützung siedelte man sie zuerst in der Nähe an. Nach sieben harten Wintern und einem nicht diskriminierungsfreien Zusammenleben organisierten die Engländer den Rücktransport der "Blacks" nach Afrika von Shelburne aus. Sie gründeten Freetown und das heutige Liberia.

In den Jahrhunderten danach wurden auf den Werften viele berühmte Segelschiffe (schnelle Frachter)gebaut, im 20 Jahrhundert einige legendäre Segeljachten. Mit dem Ende des Holzbaus in der Schifffahrt wurde aus dem bedeutenden Werftstandort ein lebendiges und bewohntes Freilichtmuseum, deren Einwohner die Häuser liebevoll instand halten.

Annapolis Royal

Annapolis Royal oder Port Royal

Port Royal, das legendäre Fort auf das sich die Franzosen als Ausgangsbasis im "Lederstrumpf" immer bezogen haben. Es ist wahrscheinlich das heutige Annapolis Royal. Einst wichtigster Stützpunkt der Franzosen in Nordamerika wurde die Festung Anfang des 18 Jh, von den Briten erobert. JF Cooper, dieser amerikanische Karl May für Erwachsene, ist auch einer der Verursacher meines Fernwehs.

Bei der Fahrt entlang der Küste merkt man an den Fahnen in den Vorgärten schnell, zu welchen früheren Formationen die Gegend gehörte. Es überwiegen die Kanada, gemeinsam mit der Neu Schottlandfahne (Blaues X auf weißem Grund). An der French Cost (ca 60 Kilometer) sind die Kirchen nicht nur Katholisch und domartig groß, sondern plötzlich ist französisch die erste Sprache auf den Schildern und es weht militant die Trikolore mit einem gelben Stern an den Häusern. In der Gegend der Loyalisten um Shelburne sind die Straßen mit einem halben Union Jack gesäumt. Hier sucht man vergeblich nach der Kanadafahne.Angesichts dieses "Fahnenkriegs"soll noch jemand über die Köln-Düsseldorfer Feindschaft lästern. Wie sieht eigentlich die Fahne Düsseldorfs aus?

Das Haus der französischen Kommandeure von Port Royal

Lunenburg

Wenn die anderen Städtchen NS ein belebtes Freilichmuseum sind, dann ist die Weltkulturerbestadt Lunenburg ein bewohnter Freizeitpark. Gemessen an der Beschaulichkeit der anderen, herrscht hier rummliger Tourismus. Zwar nicht vergleichbar mit Siena im Sommer oder Dubrovnic, wenn 6 Kreuzfahrtschiffe auf Reede liegen, aber durchaus hektisch.

Die UNESCO anerkennt in dem von Deutschen und Schweizern gegründeten Städtchen das in Nordamerika einmalige Ensemble der unverändert erhaltenen britischen Kolonialarchitektur.

Piratenküste

Heimatstadt der "Privateers". Damit wirbt Liverpool am Orteingang. Gemeint ist damit nicht ein altes Microsoftprogramm oder eine Frührentner Ansiedlung. Die Stadt ist stolz auf ihre Kaperfahrer und damit ihre Piraten Vergangenheit.

Das ist garnicht erstaunlich. Traditionbewußtsein, gepflegte Ansiedlung und wohlstandsbürgerliche Anmutung ist kompartibel mit blutiger und grausamer Vergangenheit des Reichtums. Für die damaligen Anwohner war es ein ganz normales Geschäftsmodell. Im Krieg bekamen private Schiffsunternehmer einen Freibrief, die Handelsschiffe der Feinde zu überfallen. Den größten Teil der Beute bekam der Staat, den Anderen der Unternehmer, die sogenannte Prise. Ein scheinbar einträgliches Geschäft. So waren Ende des 18 Jh. alllein aus dem kleinen Liverpool 44 Schiffe auf Kaperfahrt. Sie waren nicht die Einzigen, Halifax, Shelburne und alle Städte an der Küste hatte auch diese Geschäftsidee. Und nicht nur sie, auch die US Küstenstädte kannte dieses Gewerbe. So fand vor Cap Cod aber auch in der Karibik ein munteres klauen und überfallen der jeweiligen Krieggegner Flotten statt. Blutig wurde es dann so richtig, wenn die Marine des Gegners auf die Privateers traffen. Für die waren sie nämlich Piraten wie alle anderen.

Der einzige Unterschied zwischen der "legalen" Piraterie und den "richtigen" Piraten war, daß angeblich nur die Feinde überfallen wurden und daß sie auf rechtlich eindeutiger Weise und steuerlich legitimiert rauben durfte. Es ist zweifelhaft, daß alle Privateers sich an diese Regeln hielten. Berichtet wird von Gerichtsverfahren gegen Kapitäne, die alles überfielen, was ihnen vor den Bug kam.

Soweit unterschieden sich die Privateers nicht von den nordafrikanischen Piraten (Korsaren). Gefangene wurden jedoch nach den Gerichtsprozessen wieder in Freiheit entlassen. Die Korsaren trieben ihre Geschäftsidee noch etwas weiter und sahen in den gefangenen Seeleuten und Passalgieren auch eine Ware, die gegen Lösegeld freigekauft und/oder als Sklaven weiterverkauft werden konnte.

 

Chester-Eines der Piratennester. Gut geschützt in den Schären gelegen.

Louisbourg-ein wirkliches Museum

Sahen die anderen Städte wie din Museum aus, so ist Louisbourg wirklich eins, mit Eintritt und Shuttlebus sowie Führungen und Mitarbeiter in alten Uniformen. 50 Jahre war Louisbourg Gegenstand der Geschichte und wurde in den Friedensverträgen von Uetrecht (nach dem Spanischen Erbfolgekriegen) und Aachen ( nach den Österreichischen Erbfolgekriegen) erwähnt. Jedes Mal mit Herrschaftswechseln und anschliessenden Versuchen der Rückeroberung bis dann die Engländer die Stadt 1756 dem Erdboden gleich gemacht haben. In den 60 Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Stadt dann als nationales Museum orginalgetreu wieder aufgebaut worden.

Cap Breton

Es sollte der Höhepunkt am Anfang der Reise werden, Cap Breton. Lag es am Namen, an der Erinnerung an sturmumtoste Bretonische Kaps oder schlicht an der Tourismuswerbung ( Cabbot Trail- einer der 10 wichtigsten Fahrradtouren der Erde, Lonely Planet). Der 330 km lange Rundweg war eine Enttäuschung. Der Atlantik platt wie eine Badewanne, die Hügel bewaldet wie die 100te Kilometer vorher auch, weit und breit keine dramatischen Felsabstürze zu sehen und als Fahrradtour ein Witz. Der Trail ist eine breite, gut ausgebaute Strasse (siehe Beschreibung unter mtb Touren). Für eine Rundfahrt mit dem Auto ganz nett, wenn man mal in der Gegend ist. Aber nichts, was man unbedingt gesehen haben muss.