Vorurteilsfrei mit dem Auto in den Osten ?

„Hast du denn schon alles an deinem Auto gesichert?“, war die mitleidsvolle Reaktion von Bekannten auf meine Reiseroute in den Osten. „Ohne zusätzliche Sicherung kommt dein Bus nicht in einem Stück durch Polen, Rumänien und Bulgarien“. Und oft mündete der Kommentar in einer lebhaften Debatte über die sinnvollsten zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen.

„GPS-Tracer verbauen“, war der unangefochtene Spitzenreiter der guten (gemeinten) Vorschläge. Der altbekannte Hinweis „Verteilerkopf ausbauen“ funktioniert bei modernen computergesteuerten Motoren ja nicht mehr. Der exotischste Ratschlag kam von einem anderen VW Bus Fahrer. Er hatte die Theorie, dass sich Autodiebe nicht anschnallen. Also hat er eine generelle Stromunterbrechung mit dem Anschnallsignal des Autos verbunden. Wenn also jemand seinen Bus klauen will, sind zunächst alle Verbindungen zur Batterie gekappt und er kann nicht starten. Dumm nur, wenn sich die Diebe nicht an die Voraussetzung halten und sich anschnallen.

Ganz frei von Vorurteilen bin auch ich nicht. Mein Vertrauen in die Zentralverriegelung sank mit den Berichten über die leichte Kopierbarkeit der Funkchips.  Außerdem wohnte ich ja zum Teil in Berlin und da waren VW Busse die Lieblingsobjekte der Diebe. Das jedenfalls behauptete meine Autoversicherung als Begründung für die übermäßig hohe Selbstbeteiligung in der Versicherungspolice.

Also habe ich frühzeitig den Bus mit einem mechanischen Lenkradschloss aus polnischer Fabrikation nachgerüstet. Wenn sich jemand mit Diebstahlschutz auskennen muss, dann die Polen, dachte ich mir. Es blockiert das Schaltgestänge und Diebe können den Bus nur im Rückwärtsgang wegfahren. Ganz alte Autofahrer erinnern sich an die Standardsicherung der Käfer mit dem geteilten, ovalen Heckfenster. Genauso funktioniert mein „Polenschloß“.

Ich gebe zu, ganz geheuer war die Reise auch mir nicht. Also ging es nur über abgeschlossene Hotelparkplätze in die Masuren. Abgestellt wurde der Bus nur ohne die deutlich sichtbaren Fahrräder auf dem Heckträger und ausschließlich auf bewachten Parkplätzen. Auf den Raststellen unterwegs versuchte ich krampfhaft in den Pausen, das Auto im Blick zu behalten.

Zur echten Mutprobe allerdings kam es dann auf dem Parkplatz der Marina in Ruciane-Nida im südlichen Teil der Masurischen Seen, wo wir das Hausboot übernehmen sollten. Von dem versprochenen videoüberwachten Parkplatz keine Spur.

Kann man wirklich in Ostpolen einen VW-Bus fünf Tage stehen lassen?

„Kein Problem“, meinte „Herr Jürgen“ unser Einweiser, ein Spätaussiedler, der wieder in seine masurische Geburtsregion zurückgekehrt ist. „Die Diebe der Region agieren längst alle in Brandenburg und Berlin. Hier ist es sicher.“ Da Jürgen viel an diesem Nachmittag erzählte, war ich nicht ganz überzeugt. Aber was blieb mir anderes übrig: Ich war mit dem Auto hier und wir hatte ein Boot für fünf Tage gebucht und bezahlt.

Als wir am finalen Tag der Bootstour um die letzte Kurve nach Ruciane fuhren ging mein banger Blick noch vor dem Anlegen auf den Parkplatz der Marina. Erleichterung. Sancho Panzer leuchtet rot und unversehrt vor sich hin.

Danach ließ mein Bedrohungsgefühl im Osten nach.  Bewachte Plätze gab es auch in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Für kleinere Besichtigungen kann man das Auto in Sichtweite der interessierenden Plätze abstellen. Und bei längeren Exkursionen lässt man das Auto auf dem Campingplatz stehen und fährt mit dem Rad oder mit einem Taxi in die Stadt.

Aber natürlich ist immer das „Polenschloß“ eingerastet. 

Nicht allein.

Marina in Ruciane-Nida