Conil

Nit for Kooche

Es gab Zeiten, da nervte ich meine Berliner Umgebung mit meiner Karnevalsfreude.  Wenn mal wieder an Weiberfastnacht, statt Karnevalseröffnung auf dem Altermarkt Büroroutine angesagt war, dudelte die WDR3 Live-Übertragung über die Flure der Pressestelle in der Hauptstadt. Selbst auf meiner Verabschiedungsfeier erinnerten sich noch einige Mitarbeiterinnen aus den neuen Bundesländern mit Grausen an diese seltsamen Gebräuche des westdeutschen Eingeborenen im Februar.

Doch seit einigen Jahren war ich selbst von Karneval genervt. Mit Freunden und `ner dicken Trum durch die Kneipen ziehen ist seit Jahren passe´. Stattdessen stundenlanges Anstehen vor den Kneipen in der Innenstadt, Absperrgitter vor den Lokalen und Türsteher anstelle von Nachbarschaftsfeten und die Umdeutung des Spruchs „drink doch ene mit“ in „hau die schnell die Birne voll“, all das ließ mich seit einiger Zeit vor dem Karneval fliehen.

„Nit für Kooche, Lück, bliev ich Karneval he“, der BAP Song von 1982 war meine stete Antwort auf die kölntypische Frage „Und- wat machste an Karneval?“

Auch dieses Jahr wollte im November zur Saisoneröffnung sich keine Vorfreude einstellen und schnell stand fest: “Ich bin dann mal wieder weg“. 2000 km schienen mir eine ausreichende Distanz zwischen mir und dem Karneval zu sein und Andalusien ist nicht als Hochburg der heidnischen Feiern zum Winterende bekannt.

Eines Donnertages jedoch kam mir in La Herradura ein kleiner Roboter oder Marsmensch entgegen. Der Junge auf dem Weg zur Schule hatte seine Arme, Beine und den Oberkörper in Kartons verpackt, die mit Alufolie überzogen waren und hatte lustige Bällchen an Spiralen auf dem Kopf. Später standen dann einige Indianer, Cowboys, viele kleine Flamenkotänzerinnen und ein Katzenkind auf dem Schulhof der Grundschule herum. Und ich wußte, es ist Weiberfastnacht und die spielen alle mit.

Zunächst tat ich das als Ausnahme in einer Karnevalsenklave ab. Vielleicht hatten sie ja auch eine rheinische Lehrerin an der spanischen Grundschule?  Doch am Karnevalssamtag in Ronda kam ich abends an geschmückten Kneipen vorbei, darin eine Horde jecker Spanier, alle verkleidet, eine dicke Trum war auch dabei und aus der geöffneten Tür drangen laute Feierlieder.

„Oh da biste dabei, dat  is prima“, dachte ich mir und ging in die Kneipe, ganz ohne Absperrgitter und Türsteher. Meine Kenntnis des kölner Liedgutes war überflüssig. Keine der Lieder kam mir bekannt vor und deren Sinn verstand ich auch nicht, aber die meisten kölschen Lied machen auch wenig Sinn und mit Alkohol läßt sich auch zu spanischen Liedern schunkeln. Es war lustig. Nachbarschaftskarneval in einer ordentlich gefüllten Kneipe – wie früher in Köln.

Am Rosenmontag in Conil am Atlantik brauchte ich nicht lange suchen. Die Stadt war gepflastert mit Karnevalplakaten auf denen alle Aktionen für die jecken Tage angekündigt waren. Den Höhepunkt am Samstag hatte ich verpasst, aber die öffentliche Aufführung einer Gruselgeschichte am Aschermittwoch wollte ich miterleben und mit mir die halbe Stadt. Das war interessanter als jeder politische Aschermittwoch in Bayern.

Durch die diesjährigen jecken Tage sind einige meiner karnevalistischen Grundüberzeugungen ins Wanken geraten.

a.    Der lokale Imperialismus, daß wirklicher Karneval nur im Rheinland gefeiert werden kann, hat Risse bekommen.

b.    Karneval feiern macht auch flüchtigen Kölnern immer noch Spaß

c.    Für andalusischen Kuchen könnte ich Karneval auch da bleiben.

 

Auf den eindeutig letzten Platz liegt

 

Juzcar -  Dieses Dorf hat einen Werbegag von Sony Pictures für einen Schlumpffilm zu seinem Markenzeichen gemacht. Das weiße Dorf ist hässlich blau angestrichen worden und gibt sich als Schlumpfhausen aus. Es soll auch einen Schlumpfmarkt geben und weitere kitschige Verirrungen.

 

Vorsicht dieses Dorf bei Ronda sollte unbedingt gemieden werden. Auf Radtouren über die Ruta  Fray Leopoldo nehme ich seit Jahren in den Bergen eine Abkürzung, damit ich diese Hässlichkeit nicht sehen muss.

Radweg bei Conil

Blick auf das Kap Trafalga