Radtrasse auf der ehemaligen Kettle Valley Railroad

“Sie interessieren sich ja wirklich für die Kettle Railroad“. Die Chefin des Kettle Valley Railroad Museums war über den Sonderling, der in dieser abgelegenen Gegend an der US Grenze über die Endstation der ehemaligen Eisenbahnstrecke spazierte und den alten Bahnhof und die Trasse mit den abmontierten Gleise inspezierte, überrascht. Und als ich ihr dann erzählte, dass ich das Ende der Trasse im 500 km entfernten Hope (nahe Vancouvers) wegen Dauerregens nicht besuchen konnte, dafür aber zwei Tagesetappen oberhalb von Kelowna mit dem Rad gefahren bin, mußtte ich unbedingt das kleine Heimat-Museum der Kettle Railroad in Midway besuchen.

Zuvor wurde ich aber für die Galerie der Fahrradhelden British Coloumbias fotografiert und als Dank riß sie mir auch meinen Fotoapparat aus der Hand, damit ich auch ein Belegfoto bekäme. So bin ich zu dem Nachweis gekommen, dass die Geschichten die ihr lest, nicht wie die von Karl May über den wilden Westen frei erfunden sind, sondern ich selbst vor Ort war.

„Die meisten sind Deutsche“ bestätigte die Museumschefin meinen Eindruck aus der Lektüre des Trailtagebuches am Rande der Strecke, in dem Radfahrer gebeten werden sich einzutragen. Aber nicht viele, ca 20 pro Woche in der Hauptsaison. Es gäbe sogar mehrere Reiseanbieter, die Touren organisierten. Einer davon sei auch Deutscher. Sie glaube, man brauche ungefähr 10 Tage für die ganze Strecke und unterwegs gebe es Campingplätze oder Bed&Breackfast Gelegenheiten.

Ohne Frage sind die 11 Kilometer durch den Myra Canyon mit seinen 18 Brücken der beeindruckenste Teil der Strecke. Vor allen weil man als Folge eines Waldbrandes ohne störende Bäume den Talgrund und den Verlauf der Strecke am anderen Rand des Canyons mit all seinen Viadukten, Brücken und Tunnels sehen kann. Zwar führen auch an den anderen Teilen der Strecke Brücken über 100 Meter tiefer liegende Talgründe. Doch die sieht man erst sehr spät und im Panorame überhaupt nicht, weil der Wald und das üppige Gestrüpp an den Trassenrändern den Blick versperren.

Gebaut wurde die Strecke kurz vor dem ersten Weltkrieg (1916 wurde das letzte Teilstück fertiggestellt). Sie gilt wegen der extremen Streckenführung und der vielen Bauwerke als teuerste Bahntrasse Nordamerikas (pro Baukilometer gerechnet). Bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war sie in Betrieb. Doch die vielen Unterbrechungen durch Erdrutsche, Brände und Auswaschungen machten sie zunehmend unrentabel. Nach der Stilllegung wurden die Gleise abgebaut und ein großer Waldbrand 2003 zerstörte dann auch die Holzkonstruktionen von 12 Brücken. Daß diese wieder aufgebaut wurden und man heute mit dem Rad darüber fahren kann, ist einer Privatinitiative zu verdanken.

Für diejenigen, denen die Begegnung mit entgegenkommenden Radfahrern 100 Meter über dem Tal zu waghalsig erscheint, der sollte wenigsten im Myra Canyon einen Spaziergang auf der Trasse machen. Es lohnt sich.

Nichts für ängstliche Radfahrer. Man weiß auch nie, wie gut der Entgegenkommende sein Sportgerät beherrscht

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