Über den Osten nach Griechenland

Griechenlandurlauber meiner Generation erzählen meist Geschichten über die abenteuerliche An- und Abreise in ihr gelobtes Land.

Den legendären Autoput können Jugendliche heutzutage kaum noch geografisch zuordnen. Für gebürtige BRDler wie mich war die Strecke durch Jugoslawien (Zagreb, Belgrad Skopje) die verkehrstechnische Vorhölle, bevor wir unser Arkadien, die griechischen Strände, die Strandbars, den Retsina, den Ouzo und den Tsatsiki erreichten. Gut – ein bisschen Olympia, Delphi, Korinth, Sparta und die Akropolis waren auch dabei. Schließlich hatte man sich in der Schule drei Jahre durch die griechische Geschichte gequält, einige haben sogar Altgriechisch gelernt. Die historischen Orte der Perserkriege oder die mythischen Orte der früheuropäischen Vergangenheit erschienen aber nicht erzählenswert.

Moderne Abenteuer gab es auf dem Autoput. Kaum Autobahnen aber Verkehr wie auf dem Heumaer Dreieck. Eine endlose Schlange kroch auf beiden Fahrbahnseiten über unzulängliche Landstraßen und durch die Dörfer. LKWs an LKWs, dazwischen übermüdete Gastarbeiter aus der Türkei mit der gesamten Familie in abenteuerlich überladenen PKWs und dazwischen lebensmüde Jugoslawen, die den Autoput für eine Rennstrecke hielten und an den ausgefallensten Stellen überholten.

Kein Wunder, dass die Strecke bald den Ruf des längsten „Autofriedhofs“ der Welt weghatte. Unfälle alle 50 km waren die Regel, was den Dauerstau auch nicht flüssiger machte. Und in den drei Wochen Urlaub in Griechenland dachte man ständig an die bevorstehende dreitägige Horrorheimfahrt.   Denn die Alternativen waren in Wirklichkeit auch keine. Auf der schmalen, kurvenreichen Küstenstraße durch Dalmatien kurvten fast genauso viele Autos wie auf dem Autoput. Und bei Regen führ man auf ihr wie auf Schmierseife, was einem das Fehlen der Randbefestigung der Strecke zum Abhang hin eindringlich in Erinnerung brachte.  Und die kleinen Fähren nach Italien waren alle schon längst ausgebucht und für uns Studenten sowieso zu teuer.

Heute ist das alles Vergangenheit. Die durchgehende Autobahn Zagreb, Belgrad, Griechenland hat die Lage deutlich entschärft. Die Küstenstraße ist bis zur Bucht von Kotor autobahnähnlich ausgebaut. Und auf der Strecke Ancona-Patras fahren mehrfach täglich riesige Ro-Ro Fähren zu erschwinglichen Preisen.

Die nördliche Route nach Griechenland über Ungarn, Rumänien und Bulgarien kam uns damals überhaupt nicht in den Sinn: Zuviel Zwangsumtausch, zu wenig Infrastruktur und überbordende Bürokratie. Wir wussten nahezu nichts über diese Länder. Ob es überhaupt Straßen in Transsylvanien gab, konnten wir mit Sicherheit nicht sagen. Also blendeten wir diese Route vollständig aus.

Will man etwas über diese Strecke wissen, muss man gelernte DDR-Bürger fragen. Denn hier fuhren sie in ihr südliches Arkadien, an die Strände der Goldküste in Bulgarien, nach Nesebar oder an die Schwarzmeerküste Rumäniens nach Mamaia (bei Constanza). Und viele erwähnten in ihren Reiseberichten den südlichen Wendepunkt ihrer befahrbaren Welt, die Klosterstadt Melnik kurz vor der Griechischen Grenze. Für sie war hier immer Schluss.

Da ich als Westler die südlichen Anmarschwege kannte, wollte ich nun die östlichen Erfahrungen auf der nördlichen Route machen. Die Anfahrt nach Griechenland dauerte fast vier Wochen. Sie war nicht immer schön, aber immer hoch interessant. Daher gibt es auch viel mehr Berichte als sonst nur über das Hinkommen.

 

Wo sich die persische Flotte vor der Schlacht bei Salamis sammelte