Nun liegt Korsika nicht vor meiner Kölner Haustür. Welches Hörbuch eignet sich also für die Anfahrt? Köln, die Eifel, der Taunus...sie alle wurden gestreift. Aber von den deutschen Regionalkrimis vertrage ich nur die skurrilen aus Oberbayern von Jörg Maurer. Doch Garmisch-Partenkirchen liegt nun wirklich nicht in der Einflugschneise nach Korsika. Also startete ich mit ganz abseitigen Laos-Krimis.

Colin Cotterill: "Der Tote im Eisfach"

                       "Der fröhliche Frauenhasser"

                        "Totentanz für Dr. Siri"

Jahrelang gammelten drei Hörbücher des Autors bei mir im Regal. Ich habe mich jedes Mal gefragt, in welchem Zustand geistiger Umnachtung ich Krimis aus Laos kurz nach Ende des Vietnamkrieges gekauft habe? Zu allem Überfluss ist der Ermittler auch noch ein über 70jähriger Gerichtsmediziner, der vom Geist eines uralten Mmong-Schamanen besessen ist (Mmong sind die Bergstämme aus Nord Laos, die zuerst mit den Franzosen und dann mit den Amerikanern kooperiert haben - ganz schlecht im nachrevolutionären Laos). So werden aus dem Bauchgefühl und der Ahnung anderer Detektive in den Romanen Coterill unverständliche Hinweise aus der Geisterwelt zum jeweiligen Fall.

Auch das die Bücher von Jan Josef Lieferrs gelesen wurden, konnte nicht mein Kaufmotiv sein. Da ich keinen TV habe, kenne ich ihn kaum und weiß folglich auch nicht, ob ich ihn gut finden soll.

Auf der Rückfahrt von Südspanien, als alles ausgelesen und aufgehört war und auch weitere Downloads nicht mehr weiterhalfen, habe ich dann eher aus Verzweiflung zu

"Der Tote im Eisfach"

gegriffen.

Es ist eine Parallelgeschichte. Dr. Siri, der Gerichtsmediziner wird auf einer Dienstfahrt in das nördliche Bergland von Mmong Rebellen entführt. Sie erhoffen sich von dem alten Schamanen in ihm Hilfe gegen die bösen Geister, die ihr Dorf heimsuchen.

Gleichzeitig liegt in Vientiane die Leiche eines unbekannten Offiziers zur Obduktion und die Innenrevision macht sich die Abwesenheit des Arztes zu Nutze, seine Unterlagen zu durchforsten.

Während Dr. Siri bei den Mmong die gänzlich ungeisterhafte Heimsuchung aufklärt, müssen seine Helfer und Freunde in der Hauptstadt die Bombe in der Leiche entschärfen. Die Kontroller fallen einem Anschlag der Anhänger der gestürzten königlichen Vorgängerregierung zum Opfer. Zu guter Letzt gehen die Fallensteller der Königlichen selbst in eine Falle.

Der Roman war wüst, wild und exotisch, aber auf jeden Fall kurzweilig. Die Strecke Lyon-Köln verging wie im Fluge. Der als passiv-renitent geschilderte Dr. Siri kommt in seiner lakonisch kommentierenden Art amüsant beim Leser an und seine Bemerkungen sind trockenster englischer Humor. Der Kommunistischen Partei ist er in den 30er Jahren in Paris nur wegen des Busens seiner Freundin beigetreten. Männer hält er für einfache zweidimensionale Wesen mit wenigen konkreten dreidimensionalen Vorstellungen. Und seine 30zig jährige Arbeit als Arzt bei den Kämpfen im Untergrund Indochinas wird als "Sport, Spiel, Spannung im Dschungel" abgetan. In dieser Mischung sind die Erscheinungen aus der Geisterwelt realer als die diffusen Ahnungen und Bauchgefühle der meisten Ermittler.

Urteil: Nett, exotisch, kurzweilig

Also bin ich mit den beiden verbleibenden Krimis aus der Dr. Siri Reihe in den Süden gereist.

In "Der fröhliche Frauenhasser" kommt der Ermittler im kommunistischen Laos der späten 70ger Jahren einem perversen Serienmörder auf die Spur. Der Steuereintreiber macht sich die bürokratische Unordnung und Zerstückelung des Landes zu nutzen, um in unterschiedlichen Provinzen junge Mädchen zu heiraten und sie angeblich sofort mit in die Hauptstadt zu nehmen. Stattdessen bringt er sie in einer anderen Provinz in der Hochzeitsnacht um. Dieser Krimi kommt im Vergleich zu den anderen mit wenig Schamanismus aus. Dafür gibt es viele Beschreibungen unterschiedlicher Regionen Laos.

Urteil: lesbar, exotisch aber mit einigen Längen und konstruierten Aktionen

Dafür hat "Totentanz für Dr. Siri" eine Überdosis Geisterwelt. Was mit einer Leiche im Beton der neuen Auffahrt zur Villa des Parteivorsitzenden noch interessant und vielversprechend beginnt, endet mit einem großen Show-Down der Geisterwelt. Dr. Siris Mmong Schamane gegen den Voodoo Künste der internationalen ärztlichen Helfer aus Kuba. Dazwischen erfahren wir Einiges über die Höhlensysteme in den nordlaotischen Bergen, in denen sich die Pathet Lao vor den Bombenangriffen der Amerikaner versteckten, von einem asketischen vietnamesischen Besatzungsoffizier und seine Moralvorstellungen für die Tochter und von kubanisch-vietnamesischen Liebesbeziehungen in Laos.

Urteil: Zu viele Geister und ein überkonstruierter Plot.

Ungefähr auf der Höhe von Colmar kam mir jedoch kurz der Gedanke, links nach Vientiane abzubiegen. Doch dann rief mich der Arzttermin Anfang Juli wieder in die Reiserealität zurück. Auf jeden Fall hat es Colin Coterill geschafft, dass Indochina auf der Liste meiner Reiseprioritäten nach vorne gerückt ist.  Vielleicht schon im November, wenn die Radreise durch den Oman ausfällt.

Riquewihr