Spanien und/oder Katalonien
Nach so vielen Besuchen dachte ich, ich kenne mich aus. Doch einiges hatte sich seit dem letzten Besuch grundlegend verändert. Bereits auf den Serpentinen runter an die Küste vielen die großen Parolen auf den alten Begrenzungsmauern der Felder auf. „Freiheit für die politischen Gefangenen“ stand da frisch gemalt. Auch im Ort sind großflächig Parolen für die Freiheit der Politiker der Katalanischen Republik aufgepinselt. Die meisten Balkone zieren katalanischen Fahnen und an fast allen Geländern hängen die gelben Schleifen der katalonischen Nationalisten. Ein Jahr nach der Absetzung der Regionalregierung hatte ich den Eindruck, die Bewegung sei eingeschlafen und es ginge nur noch um die Auslieferung des ehemaligen Präsidenten. „Im Gegenteil“, meinte ein Einheimischer im Casino, dem zentralen Treffpunkt am Stadtstrand Cadaques. Die Spaltung in Pro und Contra habe sich vertieft und treibe Freunde und Familien auseinander. Es werde immer fanatischer und eine Lösung oder gar Aussöhnung sei nicht in Sicht. Drei Wochen später fanden dann die großen Demonstrationen in Barcelona statt. Die Vorboten sah man bereits auf Hauserwänden und Straßen gepinselt.