Moderne Karawansereien

Wenn die Muezzine im Morgengrauen laut von den Türmen die Größe Gottes preisen, kommt Leben in die modernen Karawansereien. Nicht schön, aber schräg und scheppernd schallen die Aufforderungen zum Gebet von den Minaretten der Umgebung. In Deutschland hätten die Kirchen schon längst eine Klage wegen ruhestörenden Lärms erhalten. Oder zu mindestens würde ihnen die Auflage gemacht, nur Gesangsgeschulte ans Mikrophon zu lassen. Ohne Modulation leiern die Ausrufer ihre Texte herunter.

An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Und so kommt im Morgengrauen Leben in die Wagenburg aus Wohnmobilen und Caravans. Abends war mit Sicherheit eine Gruppe lärmend auf dem Campingplatz eingefallen, hatten das Restaurant belagert und sich anschließend laut quatschend ins Gemeinschaftszelt zurückzogen. Morgens blockierten sie die zu wenigen Duschen und Toiletten. Nach einer ruhigen Frühstückspause werden klappernd die Stühle und Tische eingeräumt und die modernen Kamele gesattelt. Lieblingssport der Männer:  Auf dem Dachträgern stehen und das Gepäck verzurren.

Und bevor die Sonne so richtig hinter den Bergen aufgegangen ist, beginnt das Wohnmobilballett. Da wird hin- und zurückgesetzt, die angestammte Reihenfolge der Kamele in der Karavane eingefordert (erkennbar an den Nummern hinter der Windschutzscheibe), wild gefuchtelt und dirigiert. Bis die Karawane sortiert ist vergeht eine Stunde.

Nach einigen Augenblicken der gespannten Erwartung gibt irgendjemand das Signal zum Aufbruch und bis zu 40 Wohnmobile rollen vom Platz. Übrig bleibt das halbe Dutzend unorganisierter Camper, die nun in Ruhe ihr Frühstück genießen können.

Das ist kein Einzelfall, sondern die Regel. So gesehen u.a. zwei ASCI Trupps in Zagora und Fes, 30 Wohnmobils eines französischen Anbieters in Tinerhir, 20 englische Busse in Tata, zwei Dutzend Allrad PKWs an den Sanddünen des Erg Chebbis, 15 Gespanne mit Quads auf dem Anhänger in Goulmima. Nur bei großen Offroad LKWs sind die Gruppen kleine, dafür klingt der Motorsound gewaltiger. Und natürlich läuft man dem „Rotel“ über den Weg, dem rollenden Hotel bestehend aus einem großen Reisebus mit einem ebenso großen Anhänger mit rund 50 Schlafkabinen.

Wenn die Campingplätze die modernen Karawansereien sind, stellen die Tankstellen die modernen Wasserlöcher dar. In Zagora belagerten über 100 Allrad Fiat Pandas eines spanischen Clubs alle Tankstellen der Kleinstadt (Oase) und in Nekop stauten sich rund 50 Dünenbuggies vor den Zapfsäulen. Gut wenn man Zeit und/oder genügend Sprit bis zur nächsten Wasserstelle hat. Sie ist nirgends weit. Einen Ersatzkanister braucht man in Marokko eigentlich nicht, schon gar nicht 4x20 l wie ich auf einem Berliner Allrad PKW gesehen habe.

Nachtlager in Tata

An der Route de Kasbahs

Camping Zagora