Immer der Hauptstraße lang

Auf einer meiner ersten Versuche zur Erkundung der südlichen Pyrenäen hatte ich vor Jahren bereits die beiden klassischen Pyrenäen Pässe mit dem Rad abgepilgert. Dabei blieb mir in Erinnerung, dass der Somport der deutlich höhere, schönere und anstrengendere Pass ist und bei beiden Abstiegen die Jakobswege andauernd, die viel befahrenen Nationalstraße querten. Eine Erfahrung die man nur einmal braucht.

Also sollte Pamplona der Einstieg in meine Pilgererfahrung sein. Doch vor Ort musste ich die erste verkehrsgeschichtliche Lektion lernen. Als ich auf dem Weg zum geplanten Startpunkt kurz hinter Pamplona Pilger entlang der Autobahn marschieren sah, verstand ich, dass die alten Trampel- und Karrenpfaden sich zu Autobahnen und Eisenbahntrassen gemausert hatten.  Und so heißt ab Pamplona auch die A 12 Richtung Westen konsequenterweise Jakobsweg.  Dass die parallel dazu verlaufende Bahntrasse auch so genannt wird, ist zu vermuten. Der Pilgerpfad bewegt sich die 100 km bis in die größte Stadt des Riojas Logroño in Sicht- und Hörweite.

Also verschob ich meinen Pilgereinstieg ins bekannteste Weinanbaugebiet Spaniens. Vorsichtig erkundete ich auf zwei Tagestouren den Jakobsweg im südlichen Rioja (a. von Navarrete nach Santo Domingo, b. Santo Domingo nach Belorado). Santo Domingo ist ein verschlafenes, schönes mittelalterliches Städtchen und ein bedeutender Etappenort auf dem Pilgerpfad. Das mittelalterliche Hospiz musste durch ein Neues ersetzen werden, da es zu klein für den aktuellen Andrang der Pilgermassen wurde. In der Hochsaison im Sommer kämen bis zu 500 Übernachtungssuchende in Santo Domingo an, erklärte mir der Rezeptionist des Hospizes. Bei meinen beiden Besuchen der Stadt Ende September war der Andrang geringer, aber ein ständiger Strom von Wanderern mit der Jakobsmuschel am Rucksack war noch auszumachen.

Doch auch der Pilgerpfad im Rioja blieb eine Enttäuschung. Das Rauschen der Autobahn war ständig zu hören, die Hinweisschilder oft zu sehen und die erwarteten Weinberge des Riojas waren nicht auszumachen. Stattdessen führte der Weg an abgeernteten Getreidefeldern vorbei und die Staubfahnen von den Erntemaschinen auf den Kartoffelfeldern verdichteten die ohnehin stickig, heiße Luft. Leider läuft der Jakobsweg durch den langweiligsten Teil des Riojas. 20 km nördlich liegt Haro, die selbsternannte Hauptstadt des Weines in einer sehr viel lieblicheren Umgebung an den Hängen eines Gebirgsmassivs. Dort hatte ich mein Basiscamp aufgeschlagen und dorthin kehrte ich abends enttäuscht zurück. Hape Kerkeling verspürte auf den staubigen Wegen Nordspaniens den Hauch Gottes. Ich kam diesem Gefühl nur bei einem tiefen Blick ins Weinglas in Haro nahe.

Schließlich verlegte ich den ernsthaften Start auf den Jakobsweg nach Burgos, denn hinter der Stadt entfernt sich der Pilgerweg auf 50 km von der neuen Autobahn.

Haro im Sonnenuntergang

  • Meditative Strukturen am Rande

  • Auf der Suche nach Interessantem