In der entscheidenden musikalischen Streitfrage meiner Generation (Beatles oder Rolling Stones Fan) stand ich immer fest an der Seite Mick Jaeggers. Zu seicht und zu glatt schienen mir die Beatles. Doch bei aller Stones Begeisterung in der Jugend muss ich zugeben, dass einige Lieder der Beatles Ohrwürmer sind, die mir in meiner musikalischen Not auch zur Abschreckung der Bären in Nordamerika eingefallen sind.

Die Ballade „On Theo Road to Marrakech“ geht mir seit Jahren nicht aus dem Kopf. Zwar nutzt sie nicht zur Abschreckung von Grizzlys, aber zum Summen auf langen Autofahrten ist sie bestens geeignet.

Doch die Straße nach Marrakech ist nicht mehr die endlos erscheinende orientalische Landstraße aus den 60er Jahren, die den meditativen Song inspiriert hat. Sie ist eine leere, durchgehende, mautpflichtige Autobahn, die von einer neuen Hochgeschwindigkeitstrasse der Eisenbahn begleitet wird. Alle 40 km taucht eine moderne Raststätte auf und in jeder Zweiten befindet sich eine Filiale der amerikanischen Fastfoodkette mit dem schottischen Namen. Das ist gut für eine schnelle Internetverbindung und die Koffein Versorgung, aber schlecht für orientalische Meditation auf langen Überlandfahrten.

Also wie bei uns zuhus? Nicht ganz. Wenn man die neuen Wohnblöcke an den Umgehungsstraßen der großen Städte Rabat und Casablanca und die seelenlosen Bürokomplexe sieht, könnte man auf diese Idee kommen. Dazwischen stehen aber noch die alten, aus braunem Lehm gebauten, schuhkastenartigen Dörfer mit Satellittenantennen auf den Flachdächern. Die Fußgänger, die die Autobahn als Promenade nutzen, sind für uns gewöhnungsbedürftig und auf den Felder am Straßenrand scheint der Plastik zu blühen, Gewächshäuser unter Abdeckfolie und Plastiktüten so viele wie bei uns auf der Müllhalde. Und abseits der Städte und fern der Autobahn findet sich nach wie vor das wuselige orientalische Leben Afrikas.

Marokko investiert offensichtlich massiv in die Infrastruktur und verändert rapide sein Erscheinungsbild. Die Straßenkarte, nach der ich mich versuche zu orientieren, stammt noch aus Zeiten meiner ersten Reiseversuche vor 10 Jahren. Der neue Mittelmeerhafen Tangers ist hier noch nicht einmal als Plan eingezeichnet. Mittlerweile ist er fertig. Die jetzt durchgehende Autobahn bis Agadir ist nur in Bruchstücken als in Planung gekennzeichnet und wie mir meine österreichischen Nachbarn mit ihren Steyr Offroad Truck (hier stimmt die Bezeichnung Wüstenschiff) bedauernd berichteten sind die meisten Wüstenpisten frisch geteert, sodass selbst „Wohnmobilfahrer in der Sahara rumkreuzten“. Sogar die legendäre Offroadpiste und YouTube Legende von Foum-Zguid nach Zagora sei jetzt kinderleicht mit PKWs zu bewältigen. Gott sei Dank, so die Meinung dieses Offroadenthusiaten gebe es parallel zu den Straßen immer noch „Strecken für die artgerechte Haltung der 4x4 Fahrzeuge“. Mein Bedauern für diese Offroadfanatikern, die glauben nur die Welt, die von ihnen befahren wird, existiere auch, hält sich in Grenzen. Einem Reisenden wir mir ist es egal auf was er reist, Hauptsache er ist unterwegs.